11. August 2011

Fehlerspion als Onlinedienst

ErrorSpy Online ist relativ neues Angebot der D.O.G. Dokumentation ohne Grenzen GmbH, mit dem die Qualität von Übersetzungen kostenlos geprüft werden kann.

Wie funktioniert’s?

Die Nutzerin gibt zunächst Ausgangs- und Zielsprache der Übersetzung an und kann dabei zwischen Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch wählen. Die Übersetzung ist entweder in Form einer bilingualen Datei oder in Form von zwei Einzeldokumenten mit Ausgangs- und Zieltext hochzuladen. Bei bilingualen Dateien werden die Dateitypen TTX, XLF, SDLXLIFF, CSV, TXT und TMX unterstützt, bei einsprachigen Dateien TXT, DOC, DOCX und PDF(!). Die Dateigröße ist auf 2 MB beschränkt.

Im nächsten Schritt kann eine eigene Terminologieliste hochgeladen werden. Unterstützt werden Unicode-Dateien im CSV- und TXT-Format. Die Nutzerin kann aber auch festlegen, dass die Übersetzungsqualität ohne eine spezielle Terminologieprüfung durchgeführt werden soll.

Im nächsten Schritt wird bereits der ErrorSpy-Online-Fehlerbericht ausgegeben, der auch auf den eigenen Rechner heruntergeladen werden kann.

Einen ersten Eindruck von einem ErrorSpy-Fehlerbericht bietet der folgende Screenshot. Grundlage war eine von mir selbst alignierte TMX-Datei der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa.

für vollständigen Fehlerbericht hier klicken

Kann ich dem Fehlerspion vertrauen?

Auch ein automatisiertes Fehlersuchsystem kann keine 100%ige Fehlerfreiheit garantieren. Aber es kann der Übersetzerin Routineprüfungen erheblich erleichtern:

  • die Terminologieprüfung (in meinem Test nicht durchgeführt)
  • die Zahlenprüfung
  • die Akronymprüfung
  • die Konsistenzprüfung
  • die Vollständigkeitsprüfung

Die ganz überwiegende Mehrzahl der für meine Testdatei ermittelten „Fehler“ sind gar keine (z.B. ist keiner der monierten Vollständigkeitsfehler ein wirklicher Fehler, und auch über einige Konsistenzfehler ließe sich streiten). Aber für die Entdeckung mindestens eines Fehlers hat sich die Prüfung auf jeden Fall gelohnt (Hervorhebungen von mir):

Fehlende Zahl : 35
Ausgangssprache: 70 % of limit value (35 µg/m3, not to be exceeded more than 35 times in any calendar year)
Zielsprache: 70 % des Grenzwerts (35 µg/m3 dürfen nicht öfter als siebenmal im Kalenderjahr überschritten werden)

So steht es übrigens noch heute (11.08.2011) in der besagten Richtlinie von 2008 und ihrer Übersetzung. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass einige der monierten Zahlenfehler auf ein Fehlalignment zurückzuführen sind.

ErrorSpy Online findet also eher zu viele als zu wenige Fehler. Dank der übersichtlichen Darstellung der gefundenen Fehler kann die Übersetzerin jedoch die gegebenenfalls notwendigen Fehlerkorrekturen schnell ermitteln.

Kann ich ErrorSpy Online vertrauen?

Ein ganz anderes Problem ist der Schutz meiner Daten.

  • Die Internetverbindung mit ErrorSpy Online nutzt kein abhörsicheres Kommunikationsprotokoll, der Schutz der Vertraulichkeit meiner Übersetzungen ist also nicht gewährleistet. (Die relativ einfache Abhörmöglichkeit kann zu einem Bruch etwaiger Vertraulichkeitsvereinbarungen führen, die ich mit meinem Kunden geschlossen habe.)
  • Die D.O.G. Dokumentation ohne Grenzen GmbH als Betreiberin des ErrorSpy-Online-Dienstes erwähnt auf ihrer Website nicht, was mit den hochgeladenen Dateien geschieht. Ich kann somit nicht ausschließen, dass sie die hochgeladenen Dateien zum Aufbau eines großen Translation Memorys nutzt oder auf andere Weise sammelt und eventuell der Öffentlichkeit zugänglich macht. (Auch dies kann zu einem Bruch von Vertraulichkeitsvereinbarungen führen.)

Fazit

ErrorSpy Online zeigt die beeindruckenden Möglichkeiten einer automatischen Qualitätssicherung für Übersetzungen.

Für den produktiven Einsatz eignet sich das Online-Angebot meines Erachtens allerdings nur bei Übersetzungen, die nicht der Vertraulichkeit unterliegen. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Überprüfung der Qualität des Alignmentergebnisses, von öffentlich zugänglichen Originaltexten und ihren Übersetzungen (das Alignment von Texten zählt ja bekanntlich zu den Nebenaufgaben im Übersetzerinnenalltag, und so wurden Alignment-Themen in diesem Blog bereits mehrfach angeschnitten: LF-Aligner, AlignFactoryLight und Alignment-Strategien).

Wer sich von der Qualität des kostenlosen ErrorSpy-Online-Angebots überzeugen lässt, aber Sicherheitsbedenken hat, der kann auf die kostenpflichtigen ErrorSpy-Versionen (Standard, Freiberufler oder „Quality Suite“) ausweichen. (Ist ja auch der Sinn des kostenlosen Angebots, uns Übersetzerinnen auf den Geschmack zu bringen.)


Weiterführende Links:

Ankündigung von ErrorSpy Online
Allgemeine Beschreibung von ErrorSpy
Preisliste der D.O.G. Dokumentation ohne Grenzen GmbH

3 Kommentare:

Torsten hat gesagt…

Grundsätzlich ein nettes Tool, allerdings bieten die modernen CAT-Versionen (memoQ, Trados 2009) auf jeweils andere Art und Weise eine Qualitätskontrolle, die an das o. g. Angebot schon herankommt.

Unknown hat gesagt…

Danke, Torsten, für deinen Test mit memoQ. Das Ergebnis ist überzeugend!

Torsten hat gesagt…

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