17. Juli 2011

Dreieinhalb Mitmach-Wörterbücher

Fast alle kostenlosen Wörterbücher im Netz bieten den BenutzerInnen die Möglichkeit, Einträge hinzuzufügen, zu erweitern oder abzuändern. Um solche Mitmach-Wörterbücher soll es heute gehen. Genauer: um zweisprachige Mitmach-Wörterbücher für meine Arbeitssprachen Englisch und Deutsch. Natürlich gibt es viel mehr als „dreieinhalb“ Mitmach-Wörterbücher im Netz, aber ich will mich hier auf die Websites beschränken, auf denen ich einigermaßen regelmäßig nachschlage: pons.eu, dict.cc und leo und als das „dreieinhalbte“ Wörterbuch noch Linguee.

PONS.eu

Seit Oktober 2008 gibt es das Online-Wörterbuchangebot von PONS auf www.pons.eu. Derzeit bieten die Lexik-Datenbanken von PONS Stichwörter, Wendungen und Übersetzungen in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Latein, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Slowenisch, Spanisch und Türkisch. Glossare liegen in den Sprachen Dänisch, Niederländisch, Norwegisch, Schwedisch, Tschechisch und Ungarisch vor.

Bereits in der FORUM-Ausgabe vom Dezember 2008 (FORUM ist die Mitgliederzeitschrift des Fachverbandes der Berufsübersetzer und Berufsdolmetscher ATICOM) habe ich in dem Artikel „www.pons.eu – Neue Wörterbuchseite im Praxistest“ beschrieben, was mich an diesem Online-Wörterbuch so reizt:

Der Ernst Klett Verlag wagt [...] als erster renommierter Sprachenverlag im deutschsprachigen Raum den Spagat zwischen kostenlosem Internetangebot und lexikologisch fundierten Inhalten und gleichzeitig zwischen herkömmlicher lexikographischer Arbeit und Web-2.0-Interaktivität: Seit Mitte Oktober 2008 hat Klett auf www.pons.eu ein riesiges Onlinewörterbuch (laut Verlagsangabe mit mehr als 3,5 Millionen Einträgen) als Betaversion ins Netz gestellt. [...]

Falls jemand einen fehlerhaften Wörterbucheintrag entdeckt, kann er diesen Fehler bzw. Verbesserungsvorschläge melden, indem er das Feedback-Formular benutzt, das in jedem Eintrag durch einen Klick auf das Briefumschlagsymbol [...] zugeschaltet werden kann. [...]

Die Stärke des Onlinewörterbuchs sind die Rückmeldungsmöglichkeiten der Benutzer. Wörterbuchlücken lassen sich von den Benutzern durch das Anlegen eines eigenen OpenDict-Eintrags schließen. OpenDict ist der Wörterbuchteil, in dem jeder Nutzer (nach einer kurzen Anmeldung) Einträge neu anlegen oder verändern kann. Diese Neueinträge werden nach Verlagsangaben von der PONS-Wörterbuchredaktion geprüft. Bei jedem Eintrag ist zudem vermerkt, wer ihn angelegt oder bearbeitet hat (über den Link „Autoren & Versionen“).

Seit Mitte Juni 2011 hat PONS die Möglichkeiten zur Vernetzung der BenutzerInnen verbessert und die „PONS Community“ geschaffen. BenutzerInnen können sich persönliche Mitteilungen zuschicken oder, in Social-Networks-Manier, anderen NutzerInnen „folgen“.

An meinem persönlichen Fazit vom Dezember 2008 hat sich nichts geändert:

Das Onlinewörterbuch auf pons.eu ist ein [...] Projekt, das [...] einen erstaunlichen Funktionsumfang bietet und durch seine Qualität und die unkomplizierten Möglichkeiten zur Mitgestaltung und Verbesserung besticht. Für mich ist es ein professionelles Werkzeug, das ich an meinem Übersetzerarbeitsplatz nicht mehr missen möchte!

dict.cc

Seit Herbst 2002 betreibt der Österreicher Paul Hemetsberger mit einem etwas anderen Ansatz Online-Wörterbücher auf dict.cc. Das deutsch-englische Vokabular dieses Wörterbuches stammt aus dem Deutsch-Englisch-Wörterbuch der TU Chemnitz (mit Genehmigung von Frank Richter), den Übersetzungen aus Mr Honey's Business Dictionary (von Winfried Honig) und den zahlreichen Eingaben der Besucher von dict.cc.

Neben Deutsch-Englisch gibt es auf dict.cc eine große Vielzahl weiterer Sprachenpaare mit Deutsch bzw. Englisch und Bulgarisch, Dänisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Tschechisch, Ungarisch, Türkisch usw. (um nur eine Auswahl zu nennen).

Die dict.cc-NutzerInnen sind nicht nur für die Erstellung neuer Einträge, sondern auch für ihre Überprüfung zuständig (siehe www.dict.cc):

dict.cc möchte es seinen Benutzern ermöglichen, ihr Wissen mit anderen zu teilen. Wenn eine bestimmte Englisch-Deutsch-Übersetzung noch nicht im Wörterbuch enthalten ist, kann sie von jedem Benutzer eingetragen werden. Bevor die Übersetzung für alle sichtbar wird, muss sie von mehreren anderen Besuchern geprüft werden. [...]

Die Fehlerfreiheit der Übersetzungen kann nicht garantiert werden, aber jeder Übersetzungsvorschlag wird garantiert überprüft. Mögliche Fehler können per Klick auf den Info-Button [i] direkt über die Suchergebnisseiten gemeldet werden.

dict.cc nutze ich bei Fachübersetzungen eher selten, da ich hier mitunter Sachgebiets- und sonstige Angaben vermisse. Andererseits habe ich hier auch schon den einen oder anderen terminologischen Schatz gehoben.

LEO

Das meines Wissens älteste nennenswerte Online-Wörterbuchprojekt ist LEO. Die LEO-Wörterbuchgeschichte reicht bis ins Jahr 1995 zurück, als ein deutsch-englisches Wörterbuch dieses Namens aufgesetzt wurde, das „durch die Mitarbeit zahlreicher Helfer bald einen respektablen Stand erreichte“ (www.leo.org/leogeschichte_de.html).

LEO bietet derzeit die Sprachenpaare Deutsch-Englisch, Deutsch-Französisch, Deutsch-Spanisch, Deutsch-Chinesisch, Deutsch-Italienisch und Deutsch-Russisch.

Jeder Benutzer kann Fehler im Wörterbuch über ein Fehlerformular melden. Registrierte LEO-NutzerInnen können Neueinträge für das Wörterbuch entweder in Form von Wortlisten oder aber als Einzelvorschläge über das Forum Neuer Eintrag für LEO einsenden. Änderungswünsche und Einsendungen über das Fehlerformular und das Neueintragsforum werden vom LEO-Team ausgewertet. Dies kann jedoch länger dauern, da es bei LEO derzeit „nur eine Kraft gibt, die sich um die Einsendungen kümmern kann“ (FAQ auf dict.leo.org).

Für professionelle ÜbersetzerInnen ist LEO meines Erachtens nur eingeschränkt nutzbar, da oft grundlegende grammatische, syntaktische, stilistische und sonstige Angaben fehlen.

Linguee

Ganz anders gestrickt ist Linguee. Diese Spezialsuchmaschine nutzt das „Web als Wörterbuch“ und durchsucht dabei „Millionen von Sätzen, die von anderen Menschen übersetzt wurden“.

Linguee nahm im April 2009 den Betrieb auf. Die wichtigste Quelle sind Webseiten und ihre Übersetzungen, „insbesondere professionell übersetzte Webseiten von Firmen, Organisationen und Universitäten“ sowie übersetzte EU-Dokumente und Patentschriften (nach eigener Auskunft von Linguee über Linguee).

Derzeit gibt es Linguee für die Sprachenpaare Englisch-Deutsch, Englisch-Spanisch, Englisch-Französisch und Englisch-Portugiesisch. Als weitere Sprachen sollen Chinesisch und Japanisch hinzukommen.

Die große Stärke von Linguee, dass nämlich Übersetzungen im vollständigen Satzzusammenhang durchsucht werden, stellt auch gleichzeitig die große Schwäche dar: bei der Suche nach Wörtern und Ausdrücken hängt die Qualität der Treffer direkt von der Qualität der automatisch aus dem Internet extrahierten Übersetzungen ab. Es gibt daher ein Symbol für überprüfte Übersetzungen (grünes Häkchen) und ein Symbol für nicht geprüfte Übersetzungen (gelbes Warndreieck). Die NutzerInnen werden zum Mitmachen aufgefordert und können die Qualität einzelner Satzpaare positiv oder negativ bewerten. Interessant ist, mit welcher Technik versucht wird, die Qualität automatisch zu beurteilen (Quelle: über Linguee):

Ein Computerprogramm, ein sogenannter Crawler, durchsucht automatisiert das Internet nach Webseiten, welche in zweisprachiger Form vorliegen. Diese werden automatisch erkannt und übersetzte Sätze und Wörter werden extrahiert. Danach beurteilt ein Machine-Learning-Algorithmus die Qualität dieser Texte und sortiert die Satzbeispiele hoher Qualität heraus, um sie im Dienst zu verwenden. Dieses System kann aus dem Nutzerfeedback selbständig Kriterien für gute und schlechte Übersetzungen hinzulernen. Es hat beispielsweise selbständig herausgefunden, dass eine Seite meist automatisch übersetzt ist, wenn auf ihr das Wort "Wordpress" vorkommt und gleichzeitig viele Wörter sehr direkt übersetzt sind. Durch Training erlernt der Algorithmus selbständig tausende solcher Zusammenhänge und kann die hochqualitativen Übersetzungen inzwischen effizient herausfiltern. Unsere Server haben bisher über 1 Billion Sätze miteinander verglichen und bewertet, am Ende wurden jedoch nur etwa 0,001%, also 100 Millionen übersetzte Satzbeispiele in Linguee übernommen. Diese Automatisierung ist also die Grundlage dafür, dass Linguee überhaupt funktioniert.

Zusätzlich bietet Linguee ein offensichtlich redaktionell gepflegtes Wörterbuch, das zu jeder gefundenen Übersetzung des Wortes die Häufigkeit der verschiedenen Übersetzungsmöglichkeiten angibt.

Auf Linguee suche ich für Fachübersetzungen angesichts großteils fehlender lexikalischer und sonstiger Angaben eigentlich nur nach Spezialtermini, die ich in den drei oben genannten Online-Wörterbüchern nicht gefunden habe oder gar nicht erst erwarte. Wenn ich einen vielsprechenden Treffer auf Linguee finde, rufe ich oft über den darunterstehenden Link die Ursprungswebseite auf, von der der Treffer stammt – zum einen, um die Qualität besser einschätzen zu können, zum anderen aber auch, weil ich dort wichtige Zusatzinformationen vermute (und oft auch finde).

Nachtrag: Linguee lässt sich auch über click.to abfragen. Eine Anleitung zur click.to-Integration findet sich hier.

Noch mehr Mitmach-Wörterbücher

Weitere interaktive Mitmach-Wörterbücher, die ich gelegentlich konsultiere, sind BEOLINGUS (Online-Wörterbuch der TU Chemnitz) und Reverso. In beiden Fällen ist die Mitmach-Schwelle relativ niedrig, das heißt, NutzerInnen müssen sich nicht aufwändig registrieren, um Verbesserungs- oder Änderungsvorschläge zu machen.

Und ihr?

Welche Mitmach-Wörterbücher nutzt ihr? Ich freue mich auf eure Kommentare.

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